Rechtsschutzversicherung darf Auswahl des Rechtsanwaltes nicht einschränken

Rechtsschutzversicherung darf Anwaltswahl nicht einschränken

Das OLG Bamberg hat in einer Entscheidung vom 20.06.2012 (3 U 236/11) einer Rechtschutzversicherung untersagt, in Ihren Versicherungsbedingungen den Kunden dafür zu „belohnen“, dass er bei einem Rechtsstreit einen vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwalt in Anspruch nimmt.

Zum Hintergrund:
Einige Rechtsschutzversicherer verwenden in neuen Rechtsschutzbedingungen Klauseln, die eine vertragliche Selbstbeteiligung dann entfallen lassen, wenn der Kunde der Rechtsschutzversicherung im Schadensfall einen vom Rechtsschutzversicherer empfohlenen Anwalt aufsucht und diesen mit seiner Vertretung beauftragt. Rechtschutzversicherer schließen Verträge mit Rechtsanwaltskanzleien, um selbst Kosten zu sparen. Die Rechtsanwälte sollen in der Regel unter oder am Rande der Mindestgebühren gegenüber dem Rechtschutzversicherer abrechnen, im Gegenzug werden Sie von diesen empfohlen. Eine Empfehlung des Rechtschutzversicherers ist daher nicht mit dem Qualitätsmaßstab der anwaltlichen Beratung oder anderweitigen Dienstleistungen des Rechtsanwaltes verbunden. Die Kooperationsvereinbarungen dienen auch nicht dem Versicherungsnehmer als Verbraucher und seinen Interessen, sondern zunächst dem Versicherer. Es stellt sich die Frage, wie frei kann der Rechtsanwalt in der Empfehlung beispielsweise des Rechtsmittels der Berufung sein, wenn der Erfolg unsicher, jedoch möglich erscheint. Wird der Rechtsanwalt, der eine solche Kooperationsvereinbarung geschlossen hat, nicht immer auch das Kostenminderungsinteresse des Versicherers mit bedenken müssen? Es ist daher aus meiner Sicht sehr problematisch, den Versicherten in Ihren Verträgen Vorteile dafür zu gewähren, dass Sie die Auswahl des Rechtsanwaltes dem Versicherer überlassen.

In der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) 2008 hat der Gesetzgeber dem Verbraucherschutz in der Rechtsschutzversicherung dadurch Rechnung getragen, dass in § 127 VVG ausdrücklich ausgeführt hat, dass der Versicherungsnehmer berechtigt sein soll, zu seiner Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. In § 129 VVG hat der Gesetzgeber darüber hinaus bestimmt, dass zum Nachteil des Versicherungsnehmers im Versicherungsvertrag nicht von dem Grundsatz der freien Anwaltswahl gem. § 127 VVG abgewichen werden darf.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes, dem Beklagten Versicherer zu untersagen, die Versicherungsbedingung zu verwenden, ist im Interesse der Verbraucher als auch im Interesse der Rechtsanwaltschaft sehr zu begrüßen. Nicht unerwartet hat der Versicherer allerdings Revision eingelegt. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Bundesgerichtshof dem OLG Bamberg anschließt.